surech.ch – Homepage von Stefan Urech

Praktizierender Zyniker und Freidenker

Systemrelevante Webdienste

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In der grossen Finanzkrise drohten etliche Grossbanken vor die Hunde zu gehen. Dies hätte massive Auswirkungen auf die Wirtschaft als Ganzes gehabt und der Staat musste unterstützend einschreiten. Sprich hier hatten ein paar privat geführte, nach kapitalistischen Grundsätzen operierende Firmen eine kritische Grösse erreicht. Deren Abhängigkeiten zum Rest des Marktes war so umfangreich, dass ein Wegfallen nicht akzeptabel war.

So abhängig die Wirtschaft von einzelnen Banken war, ist das Internet von einzelnen Diensten. Je nach Dienst betrifft dies die Benutzer direkt oder indirekt, entweder schon heute oder sicher in naher Zukunft. Gerne möchte ich diese These mit ein paar konkreten Beispielen untermauern:

Dropbox: Ursprünglich gestartet als einfacher Filehosting-Dienst, mit welchem ich meine Dateien zwischen verschiedenen Rechner synchron halten kann. Man konnte ein Ordner auf seinem Computer freigeben, dessen Inhalt dann automatisch mit den Servern von Dropbox abgeglichen wurde. Wenn der Dienst nicht verfügbar war, hatte man die Daten immer noch auf der eigenen Festplatte.
Mit dem Aufkommen von Smartphones nutzen aber immer mehr Apps Dropbox als Speicher für ihre Daten. Man legt seine Dokumente, Photos, Passwörter und noch vieles mehr in diesem Webspeicher ab, was ja wirklich sehr praktisch ist. Geht mein Smartphone verloren, habe ich immer noch alle Daten in der ominösen Cloud.
Damit bildet aber der Dienst Dropbox einen Single Point of Failure. Wenn Dropbox von heute auf morgen seinen Dienst einstellt, hätte dies einen immensen Datenverlust zu Folge. Alle Anwendungen, welche auf deren API aufbauen und vertrauen, würde nicht mehr funktionieren. Diese doch so bequeme Art der Datenspeicherung und -Austausch würde sich zu einem Fluch erster Güte wandeln.

Amazon Web Service (AWS), Windows Azure, Google Cloud Platform: Gehen wir eine Stufe tiefer. Alle sprechen von der Cloud; die Firmen frohlocken ob der Aussicht, ihre Anwendungen auf fremden Servern zu hosten und den erhofften Kostenersparnissen. Heute spricht man aber nicht nur darüber, sondern nutzt diese Möglichkeit schon extensiv. Instagram, Netflix, Airbnb, Pinterest oder das schon erwähnte Dropbox bauen auf AWS. Wie stark diese Abhängigkeit ist merkte man, wenn z.B. wegen eines Stromausfalls ein ganzes Rechnerzentrum vom Netz geht. Wir laufen also auf einen Situation zu, wo ein grosser Teil der Internet-Infrastruktur von ein paar wenigen, global funktionierenden Firmen laufen. Was ist, wenn diese irgendwie in Bedrängnis kommen? Oder die Vermietung von Rechnerleistung nicht mehr rentabel ist und z.B. Google diesen Geschäftszweig aufgibt?

Wikipedia: Nach zwei recht technischen Beispielen will ich mein Blick noch auf Wikipedia richten. Seit ihrem Start vor über 14 Jahren hat sich das Onlinelexikon zu DER Sammlung menschlichen Wissens entwickelt. Und damit unseren Alltag massgeblich beeinflusst. Denn wer hat noch einen 24-bändigen Brockhaus im Bücherregel? Die Wikipedia wird von einem gemeinnützigen Verein betrieben, welche die Informationen kostenlos und frei von Werbung anbietet. Die Kosten sind aber nicht unerheblich und so müssen die Macher regelmässig zu Spendenaktionen aufrufen. Ich bete dafür, dass sie damit noch lange über die Runden kommen. Was, wenn der Spendenstrom einmal einbricht? Wer unterstützt dann diese zentrale Säule heutiger Informationsbeschaffung?

Was bringt die Zukunft? Das Internet of Things wird langsam aber stetig Realität. Es wird eine Flut von Daten anfallen, die irgendwie gesammelt, ausgewertet und einem sinnvollen Zweck zugeführt werden wollen. Bereits stehen Dienste wie IFTTT in den Startlöchern, die Rolle als zentrale Drehscheibe zu übernehmen. Wenn zwischen dem Eintreffen zu Hause und dem Öffnen der Haustür ein solcher Dienst steht, kann man sich die Abhängigkeit dazu und die entsprechenden Auswirkung eines Ausfalls desselben leicht vorstellen.

Vor zehn Jahren stellte niemand die Zuverlässigkeit des Bankensystems in Frage. Diese Firmen waren riesengross, was soll da schon passieren? Das gleiche blinde, an Naivität grenzende Vertrauen bringen wir heute direkt oder indirekt einzelnen Internet-Diensten entgegen. Egal wie zentral ein solcher Dienst ist, er muss weder spezielle Anforderungen noch irgendwelche gesetzliche Vorgaben erfüllen. Finanzielle Reserven? Spezielle Anforderungen an die Sicherheit? Schutz der Kunden und deren Daten? Nichts dergleichen.
Ich prophezeie, dass uns irgendwann in Zukunft eine ähnliche Krise im Internet trifft, wie 2007 in den Finanzwelt. Schwarzmalerei? Ich sehe leider nicht viel, was dagegen spricht.

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